Nummer 37

His­to­rie des Hau­ses Ben­der­str. 37 in Düs­sel­dorf-Ger­res­heim ab 1914
Von Mein­hard und Edith Sucker

Die Erbau­er des Hau­ses Ben­der­str. 37:
Josef Düll­berg war Werk­zeug­schlos­ser bei Hani­el & Lueg. Heu­te ist hier­von nur noch der alte Back­stein-Uhren­turm als Tor­wär­ter­haus von 1875 auf der Gra­fen­ber­ger Allee vor­han­den. Durch ihn gelang­ten die Arbei­ter in das Werk. Hier­hin hat sei­ne Toch­ter Hil­de­gard ihrem Vater in einem Hen­kel­mann war­mes Essen gebracht.

Josef Düll­berg ist am 11.4.1878 in Grim­ling­hau­sen, Kreis Bri­lon, geboren.

Im Mai 1947 wur­de er von einem Lkw über­fah­ren und starb mit 69 Jah­ren. Er hei­ra­te­te am 20.7.1909 in Nutt­lar, Kreis Brilon
Anna Maria Fischer, geb. am 15.4.1882 in Nutt­lar, gestor­ben am 16.12.1946, mit 64 Jah­ren an einem Herzinfarkt.

Bevor sie in das neu gebau­te Haus auf der Ben­der­str. 37 zogen, wohn­ten sie auf der Ben­der­str. 115.

Josef und Anna Maria Düll­berg hat­ten drei Kinder:
Josef (jun.) geb. 17.7.1910, gest. 2.2.2004 (93 Jahre)
Elfrie­de  geb. 23.8.1912, gest. 10.4.1934 (21 Jahre)
Hil­de­gard Sophia geb. 7.3.1916, gest. 20.4.2009 (93 Jahre)

Sie wohn­te 93 Jah­re im Haus Ben­der­str. 37, in der­sel­ben Woh­nung, EG rechts und war mit Alfred Fürs­ten­ber­ger seit 4.12.1941 ver­hei­ra­tet. Alfred Fürs­ten­ber­ger stamm­te aus Baden-Würt­tem­berg, geb. 17.4.1907, gest. 7.10.2000 (93 Jah­re). Sie hat­ten zwei Kin­der, eine Toch­ter und einen  Sohn. Die Toch­ter, Edith Sucker, geb. Fürs­ten­ber­ger, geb. 16.6.1944, ist die jet­zi­ge ver­ant­wort­li­che Eigen­tü­me­rin des Hau­ses Ben­der­str. 37.

Das Mehr­fa­mi­li­en­wohn­haus Ben­der­str. 37 wur­de in mas­si­ver Ziegel-
bau­wei­se errich­tet. Die Mau­er­stei­ne sind rot, gelb­lich bis rosa und stam­men aus der Ger­res­hei­mer Zie­ge­lei. Die roten Stei­ne, für die äuße­ren Wän­de, sind etwas fes­ter, die nach dem Bren­nen in dem Tun­nel­ofen aus­sor­tiert wur­den. Es sind kei­ne Klin­ker­stei­ne, mit einem dicht ver­schmol­ze­nen har­ten Gefü­ge, und kön­nen somit die Feuch­tig­keit auf­neh­men und wie­der abge­ben. Die gelb­li­chen und rosa Stei­ne sind noch etwas „wei­cher“ und haben weni­ger Hit­ze erhal­ten. Sie wur­den für die Innen­sei­ten und Mit­tel­wän­de ver­mau­ert und haben eine sehr gute kli­ma­re­gu­lie­ren­de Funk­ti­on der Wohn­räu­me.  Der Mör­tel für das Mau­er­werk und den Innen­putz (Düs­sel­dor­fer-Putz = abge­rie­be­ne Flä­che und mit Kalk­teig abge­glät­tet, damals rei­ne Hand­lan­ger-Arbeit) besteht aus Kalk­teig und Ger­res­hei­mer Sand. In vie­len Häu­sern meint der Laie „der Putz ist aber schlecht, der Putz ist zu mür­be, zu weich“. Das ist jedoch ein Miss­ver­ständ­nis, denn auch die­ser Putz ist ein sehr guter Raum­kli­ma-Regu­la­tor. Wenn aber der Mör­tel zu weich ist, liegt es dar­an, dass der Mör­tel­an­mi­scher zwar das Mischungs­ver­hält­nis 1 Teil Kalk­teig und 3 Tei­le Sand befolgt hat, aber der Sand zu vie­le und zu fei­ne Kör­nung hat und der Kalk­teig nicht alle Kör­ner genü­gend umman­teln kann.

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Die Decken ab dem EG sind aus Holz­bal­ken. Als Putz­trä­ger sind Spa­lier­lat­ten von unten ange­bracht und zwi­schen den Bal­ken ist eine kör­ni­ge Asche-Schüt­tung auf Blind­scha­lung mit einem Nut- und Feder-Dielenbelag.

Leich­te Trenn­wän­de für WC und Vor­rats­käm­mer­chen sind aus 6 cm dicken Bims­plat­ten, die auf der Bal­ken­de­cke stehen.

Die Kel­ler­au­ßen­wän­de sind aus etwas fes­te­rem Zie­gel­mau­er­werk, was zum Erd­reich hin roh belas­sen wor­den ist, es hat aber ober­halb des Erd­reichs eine waa­ge­rech­te bitu­mi­nö­se Iso­lier­pap­pe als auf­stei­gen­de Feuchtigkeitssperre.

Es war damals so gewollt, dass die Vor­rä­te, z.B. Kar­tof­feln, Möh­ren, Obst usw. kühl, durch Feuch­tig­keit und nicht zu tro­cke­ne Luft, lan­ge lager­fä­hig waren.

Die Decke über dem Kel­ler­ge­schoss besteht aus Stahl­trä­gern mit einer mage­ren Beton-Zwi­schen­fül­lung ohne Bau­stahl­ein­la­ge, dar­über Aschen-Fül­lung und da drauf Kant­höl­zer für die Auf­nah­me des Die­len­bo­dens.
Die gesam­te Bau­wei­se ist öko­lo­gisch kaum zu über­bie­ten. Die heu­ti­gen Bau­stof­fe z.B. Gips (kommt aus Schad­stoff-Fil­ter­an­la­gen) oder Lehm­putz (der mit Zuga­be von Klär­schlamm ver­wen­det wird und nach dem Durch­trock­nen angeb­lich nicht mehr stinkt) und auch Stahl­be­ton sind für das mensch­li­che Woh­nen unwür­dig und erzeu­gen phy­si­ka­li­sche Fal­len, die die Pla­ner nicht immer im Griff haben, z.B. dich­te Fens­ter und dann Zwangs­lüf­tung.
Bis etwa 1975 gab es noch in vie­len Wohn­häu­sern Fens­ter mit einer genia­len phy­si­ka­li­schen Funk­ti­on, die bis jetzt auch noch im Trep­pen­haus der Ben­der­str. 37 vor­han­den ist. Das Sys­tem ist fol­gen­der­ma­ßen: Die rela­tiv hohe Luft­feuch­tig­keit eines Rau­mes, egal aus wel­chen Grün­den, kühlt sich zuerst an den kal­ten Fens­ter­schei­ben ab. Das Was­ser kon­den­siert und fließt an den Schei­ben her­un­ter in eine dafür vor­ge­se­he­ne Rin­ne auf der Fens­ter­bank, und ein meist klei­nes Blei­röhr­chen lei­tet das Was­ser aus der Rin­ne nach drau­ßen ab.

Die ers­te Dach­ein­de­ckung vor ca. 100 Jah­ren bestand aus hand­ge­form­ten Hohl­pfan­nen-Ton­zie­geln (ohne Falz) mit Stroh­do­cken, damit bei von der Sei­te kom­men­dem Regen oder auch bei Schnee­trei­ben kei­ne Feuch­tig­keit in den Tro­cken­spei­cher kam.
Der ers­te Aus­tausch der Dach­zie­gel war viel­leicht um 1950. Dies­mal wur­de ein dun­kel ein­ge­färb­ter Stan­dard-Ton-Falz­zie­gel ein­ge­baut, der mit Draht­klam­mern im frei­en Raum gesi­chert und zusätz­lich rings­um von unten mit fes­tem Mör­tel ver­stri­chen wur­de.
Bei der gro­ßen Dach­re­no­vie­rung 2011 wur­den Hei­del­ber­ger Dach­stei­ne verwendet.

Natür­lich hat die­ses Gebäu­de immer wie­der eini­ge zeit­ge­mä­ße Reno­vie­run­gen über sich erge­hen las­sen müs­sen (z.B. neue Bal­kons oder die Bade­zim­mer von 1961 sind kom­plett auf den neu­es­ten Stand gebracht worden).

Es ist aber immer dar­auf geach­tet wor­den, dass das Haus sei­ne Iden­ti­tät behält und so sei­ne Erbau­er gewür­digt werden.

Im Dach­ge­schoss lie­gen noch alte Dach­zie­gel als Doku­men­te.
Fast alle Woh­nungs­ein­gangs­tü­ren und Zim­mer­tü­ren sind noch im Ori­gi­nal erhal­ten. Im 1. Ober­ge­schoss links gibt es noch Ori­gi­nal-Tür­grif­fe mit Hol­zum­man­te­lung (über 100 Jah­re alt).

Das Trep­pen­haus ist unver­än­dert und hat noch sei­ne alten bun­ten Jugend­stil-Fens­ter mit Blei­ver­gla­sung und Beschlä­gen. Die Struk­tur-
Tape­te an den Sei­ten­wän­den ist auch noch im Ori­gi­nal und wur­de nach dem Krieg von dem Ger­res­hei­mer Maler­meis­ter Hel­mut Less­mann an eini­gen Stel­len kunst­voll repariert.

2010 wur­de die alte mecha­ni­sche Trep­pen­haus-Licht­schalt­uhr Elpa von 1930 der Fir­ma The­ben nach 80 Jah­ren ausgetauscht.

In eini­gen Woh­nun­gen sind heu­te noch in den Wohn­zim­mer-Decken Metall­roh­re mit Ver­schluss­kap­pen, die ursprüng­lich für eine Gas­lam­pen-Beleuch­tung waren. Neben den Ein­gangs­tü­ren der Woh­nun­gen im Flur ist auf hal­ber Höhe ein Mes­sing-Vier­kant sicht­bar. Frau Fürs­ten­ber­ger, die Toch­ter des Erbau­ers, erzähl­te, dass hier abends immer die Gas­lei­tung geschlos­sen wurde.

Im Kel­ler gibt es noch eine alte Holz­bret­ter­tü­re mit einem Kas­ten­schloss.
Auf die­ser Türe steht: LUFTSCHUTZRAUM 29 cbm Inhalt

An der Außen­fas­sa­de, in einem obe­ren Feld, sind am 26.10.2011 mit einer Foto-Visi­on des Ehe­paa­res Düll­berg, die Erbau­er des Hau­ses gewür­digt wor­den. Die­se Nano Quarz-Git­ter-Tech­no­lo­gie ist in Düs­sel­dorf bis jetzt einmalig.

Einer der ers­ten Mie­ter des Hau­ses im Febru­ar 1914 war die Fami­lie Frei­burg. 3‑Zim­mer-Woh­nung im 1. OG links, ca. 54 qm .
In der Küche, ca. 15,50 qm, war ein recht­ecki­ges Aus­guss-Becken mit Was­ser­an­schluss. Das Wohn­zim­mer, ca. 15,50 qm, zur Stra­ße, hat eine pro­fi­lier­te Stuck­de­cke. Das Schlaf­zim­mer ist zur ruhi­gen Gar­ten­sei­te, ca. 16 qm. Das dama­li­ge Vor­rats­käm­mer­chen ist etwa über 2 qm groß.
Das ehe­ma­li­ge Was­ser­klo­sett hat­te einen hoch­ge­häng­ten Spül­kas­ten und eine Ket­te mit einem Por­zell­an­griff zum Abzie­hen und befand sich in einem ca. 1,50 qm klei­nen Raum ohne Wasch­be­cken.
Die Mie­te betrug:
Febru­ar 1914: 32 Mark u. 50 Pfg.
Juli 1921: 48 Mark
Okto­ber 1922: 91 Mark
Nov. 1922: 194 Mark
Dez. 1922: 491 Mark
Jan. 1923: 1.364 Mark
April 1923: 4.475 Mark

Die Mie­te einer ande­ren Woh­nung (Wald­mül­ler), gleich groß, betrug:
August 1923: 50.570 Mark
Dez. 1923: 16.222 Mil­li­ar­den Mark
Janu­ar 1924: 5.113 Bil­lio­nen Mark
Febru­ar 1924: 9,15 Mark
Janu­ar 1925: 22,57 Mark
Janu­ar 1926: 28,22 Mark

Im Okto­ber 1961 wur­den im Haus das Vor­rats­käm­mer­chen und der klei­ne Toi­let­ten­raum zu einem Bade­zim­mer mit klei­ner Bade­wan­ne, WC und Hand­wasch­be­cken umge­baut und die Wän­de zum Teil gefliest.

Bei den Flie­sen­ar­bei­ten lern­te ich (Mein­hard Sucker) die Toch­ter (Edith, 17 Jah­re alt) der Mit-Haus­ei­gen­tü­me­rin Hil­de­gard Fürs­ten­ber­ger ken­nen. Sie brach­te Ziga­ret­ten, aber kein Feu­er. So muss­te sie noch ein­mal kom­men und das Feu­er brin­gen.
Und jetzt bin ich mit ihr schon fast 51 Jah­re verheiratet!

Mein­hard und Edith Sucker